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Geprüft und freigegeben von dem Psychologen Sergio De Dios González.
Geschrieben von Edith Sánchez
Letzte Aktualisierung: 12. Juli 2023
Die Geschichte vom schwarzen Schaf wurde von Italo Calvino geschrieben. So wie viele seiner anderen Erzählungen auch ist sie eine Geschichte voller Fantasie. Es ist eine tiefgründige und verblüffende Geschichte, die niemanden gleichgültig lassen kann.
Die Geschichte vom schwarzen Schaf spricht davon, dass es irgendwo auf der Erde ein Dorf gegeben habe, in dem alle, wirklich alle, Diebe waren. Jeder einzelne Dorfbewohner ging spät nachts auf die Straße. Bei sich trug er eine Taschenlampe und einen Dietrich. Mit diesen Werkzeugen drang er in das Haus seines Nachbarn ein und plünderte es aus.
Am nächsten Tag gingen alle wieder in ihr Haus zurück. Natürlich fanden sie es ausgeraubt vor. Das kam keinem unnormal vor. Letztendlich wussten alle, dass sie ein Dorf voller Diebe waren und keiner konnte erwarten, dass er nicht ausgeraubt würde. Doch in diesem abgelegenen Dorf führte man ein Leben in vollkommener Harmonie und Frieden. Es war wie ein Kreislauf. Jeder raubte jeden aus und so besaß jeder etwas.
Auf dem Markt schwindelte man beim Kaufen und Verkaufen. Sowohl Käufer als auch Verkäufer hintergingen sich. Die Dorfverwaltung hinterging die Bürger. Die Bürger wiederum betrogen die Dorfverwaltung. Die Dorfbewohner waren glücklich darüber, an solch einem Ort zu wohnen.
„Das Geheimnis des Lebens ist Ehrlichkeit und ein fairer Umgang miteinander. Wenn man diese vortäuschen kann, hat man sie schon erreicht.“
Groucho Marx
Die Geschichte vom schwarzen Schaf und der ehrliche Mann
In der Geschichte vom schwarzen Schaf gibt es einen Punkt, an dem etwas mit der Normalität bricht. In diesem Falle ist es ein ehrlicher Mann, der alles aus dem Gleichgewicht bringt. Urplötzlich kam dieser in jenes Dorf und anstatt nachts andere auszurauben, blieb er zu Hause, las ein Buch und rauchte seine Pfeife.
Die Diebe kamen in sein Haus, aber sie sahen, dass das Licht an war und entschieden sich deshalb, ihm fernzubleiben. Einige der Dorfbewohner mussten deshalb Hunger leiden. Wenn sie nicht auf Raubzug gehen konnten, wurde der Kreislauf unterbrochen und sie blieben ohne Hab und Gut. So entschieden sie sich, mit dem ehrlichen Mann zu sprechen und ihn darum zu bitten,seine Einstellung zu überdenken. Er schadete allen. Wenn er andere nicht ausplündern wollte, dann war das ja in Ordnung. Aber er sollte zulassen, dass die anderen sein Haus plünderten.
Der ehrliche Mann verstand die Situation. Von diesem Moment an verließ er jede Nacht sein Haus und ging an den Fluss. Er ließ es herrenlos zurück, damit die anderen sich sicher sein konnten, dass der Plünderung nichts entgegenstand. Er wollte allerdings kein Dieb sein. Aus diesem Grund war sein Haus nach nicht einmal einer Woche vollkommen leer.
Das Gleichgewicht geriet ins Wanken
Der Geschichte vom schwarzen Schaf zufolge brachte die Einstellung des ehrlichen Mannes das Gleichgewicht im gesamten Dorf ins Wanken. Da er sich weigerte, auf Raubzug zu gehen, gab es immer einen Bewohner, der sein Haus am nächsten Tag nicht ausgeplündert vorfand. So häuften ein paar Bewohner mit der Zeit mehr an, als sie tatsächlich brauchten.
Gleichzeitig fanden diejenigen, die das Haus des ehrlichen Mannes ausrauben wollten, es leer vor. So konnten sie erst in der darauffolgenden Nacht wieder etwas essen, wenn sie ein anderes Haus ausgeraubt hatten. Auf diese Weise formierten sich allmählich Reiche und Arme. Einige hatten immer zu viel und andere hatten immer zu wenig.
Diejenigen, die viele Güter angehäuft hatten, entschieden sich kurz darauf dazu, dass sie nicht mehr ausgeraubt werden wollten. Aber sie wollten auch nicht aufhören, auf Raubzug zu gehen, denn sie könnten ja sonst verarmen. Deshalb entschlossen sie sich dazu, diejenigen, die nichts hatten, zu bezahlen, damit sie für sie rauben. Es wurden Verträge über Gehälter und Vergütungen unterzeichnet, damit alles klar geregelt war.
Das Ende der Geschichte vom schwarzen Schaf
Die Veränderungen verwirrten sehr viele. Sie wussten nicht, was sie tun sollten. Um sie daran zu erinnern, was ihre Rolle war, wurden Gefängnisse erbaut und der Beruf des Polizisten ins Leben gerufen. Diejenigen, die viel angehäuft hatten, würden ihr Hab und Gut somit auch nicht gefährdet sehen.
Trotz allem hörten die Raubzüge nicht auf. Alle plünderten weiterhin andere aus, doch jetzt waren die Spielregeln anders. Manche arbeiteten nicht und bezahlten andere dafür, damit sie für sie raubten. Aber die Reichen konnten nicht ausgeraubt werden oder der Gesetzessprecher würde die Räuber ins Gefängnis stecken.
Niemand verstand, warum sich die Dinge so sehr geändert hatten. Aber sie mussten sich anpassen, weil sie von etwas leben mussten. Was passierte mit dem ehrlichen Mann? Ganz einfach, er verhungerte. Er war der einzige, der sich weigerte, andere auszurauben, und ebenso der einzige, der niemals von irgendjemandem verstanden wurde. Und so endet die Geschichte vom schwarzen Schaf.
Jegliche Ähnlichkeit mit der Realität ist kein Zufall.